Korpskommandant Aldo C. Schellenberg
Im Fall einer Verletzung des Luftraumes kann als letztes Mittel der Abschuss befohlen werden.
Korpskommandant Aldo C. Schellenberg
Wenn der Chief Air Defense in Dübendorf die F/A-18-Piloten im Luftpolizeidienst in Payerne anruft und eine Hot Mission auslöst, muss es schnell gehen. Möglicher Grund: kein Funkkontakt zu einem von der ursprünglichen Flugroute abgewichenen zivilen Flugzeug. Innert maximal 15 Minuten sind zwei F/A-18 gestartet und fangen kurz darauf das zivile Flugzeug ab.
Es ist Dienstagnachmittag. Bis anhin verlief alles in geordneten Bahnen im Schweizer Luftraum. Entsprechend ruhig ist es auch in der Einsatzzentrale Luftverteidigung (EZ LUV). Diese überwacht von Dübendorf aus rund um die Uhr sämtliche Flugbewegungen über der Schweiz. Plötzlich kommt eine Meldung aus dem südlichen Nachbarland: Ein ziviles Flugzeug ohne Funkkontakt ist im italienischen Luftraum vom ursprünglichen Flugplan via Tessin in Richtung Zürich abgewichen und steuert nun auf die Schweizer Alpen zu. Die Absicht ist unklar. Dank der Zusammenarbeit mit den Einsatzzentralen der benachbarten Luftwaffen kommt die Warnung frühzeitig. Dennoch muss der Chief Air Defense (CAD) innert kürzester Zeit die richtigen Schlüsse ziehen. Er greift in diesem Fall zum Telefon und löst eine Hot Mission aus.
Alarmierung in Payerne
Zur gleichen Zeit erledigen die beiden für den Luftpolizeidienst in Bereitschaft stehenden F/A-18-Piloten in Payerne nicht fliegerische Arbeiten wie das Vorbereiten eines Simulator-Checkflugs. Mit dem Anruf des CAD wechselt der Fokus jedoch sofort: Von nun an gilt höchste Konzentration und Schnelligkeit. Unverzüglich geben die Piloten via Lautsprecher den entsprechenden Alarm: «Scramble – Scramble – Scramble!» Danach eilen sie zu den bereitstehenden F/A-18. Dort sind Flugzeugwarte aufgrund des Alarms bereits daran, die Flugzeuge startklar zu machen. Ausrüstung und Helm anziehen, einsteigen, Triebwerke starten. Spätestens 15 Minuten nach Auslösen der Hot Mission sind die Piloten in der Luft.
Kommunikation in der dritten Dimension
Wenige Minuten nach dem Start treffen die beiden F/A-18 auf das zivile Flugzeug, unmittelbar nach dem Einfliegen in den Schweizer Luftraum. Ein Kampfjet positioniert sich hinter, der zweite links neben dem Flugzeug, mit Sichtkontakt zum zivilen Piloten. Um Funkkontakt herzustellen, versucht der F/A-18-Pilot dem zivilen Piloten klarzumachen, die internationale Notfrequenz (welche ebenfalls auf dem F/A-18-Zusatztank deutlich markiert ist) einzustellen. Es gelingt – und der Aufforderung, den Kurs zu ändern, wird vom zivilen Piloten umgehend Folge geleistet. Dieser Einsatz im Rahmen des Luftpolizeidienstes ist damit erfolgreich abgeschlossen.
Weitere mögliche Massahmen
Wäre der zivile Pilot der Aufforderung nicht gefolgt, hätten gemäss den Empfehlungen der Internationalen Zivilluftfahrtbehörde ICAO weitere Massnahmen ergriffen werden können (siehe Infobox). Als letzte Warnung ist die Abgabe eines Warnschusses mittels Ausstossen von Infrarottäuschkörpern, sogenannten Flares, und bei unmittelbarer Gefahr der Einsatz von Waffen gegen das fehlbare Flugzeug möglich. Letzteres können im Einzelfall nur die Chefin VBS oder der Kommandant Luftwaffe auslösen. Bei allen bisher geleisteten Luftpolizeieinsätzen ist es nicht so weit gekommen. Doch die F/A-18-Piloten wissen beim Start in eine Mission nie, was sie genau erwartet – die Absichten werden oft erst am Einsatzort klar, weshalb die Anwesenheit von Piloten in Kampfflugzeugen vor Ort unabdingbar ist.
Quelle: Schweizer Armee
11.8.2020