Philippe Rebord – Korpskommandant und Chef der Schweizer Armee

Im Kampf gegen Angst und Einsamkeit bei militärischen Einsätzen

Leutnant Kevin De-Carli, Armeeseelsorger

Ich erinnere die Soldaten daran, wie wertvoll ihre Arbeit ist.

Leutnant Kevin De-Carli, Armeeseelsorger

Armeeseelsorger Kevin De-Carli

Armeeseelsorger Kevin De-Carli

Leutnant Kevin De-Carli zeigt, wo der Gaming Room und die Studienräume sind – und wohin man zum Holzhacken gehen kann. Bild ZVG Schweizer Armee

Bei längeren militärischen Einsätzen reicht es nicht aus, gut ausgebildet, ausgerüstet und verpflegt zu sein. Freizeit, etwas Privatsphäre, geistige Vorbereitung und die Suche nach Kraft sind ebenso wichtig. Armeeseelsorger Kevin De-Carli spricht über das Gleichgewicht zwischen kollektiver Leistung und persönlichem Wohlbefinden in der Sanitätskompanie 2.

Viele junge Armeeangehörige fühlen sich stark und unbesiegbar, wenn sie einrücken. Aber sehr bald merken sie, dass nicht alles so einfach ist wie im Film. In der echten Notsituation, in den Krankenhäusern, treffen Krankenwagen von überall her ein, mit verängstigten Patienten. Die Krankheit dauert mehrere Tage, und manchmal endet sie mit Tränen, Verlust und Einsamkeit.

Harte Realität

Nicht nur im Einsatz, auch in der Kaserne ist das Stresslevel hoch. Die Soldatinnen und Soldaten kehren am Abend, nach 12 Stunden anstrengender Arbeit auf der Intensivstation, in die Unterkunft zurück. Sie sind konfrontiert mit einer Situation, in der sie stets Abstand zu allen anderen halten müssen, aber gleichzeitig im kollektiven Leben im Armeeeinsatz alles miteinander teilen. Trotz Distanz ist die Privatsphäre gleich null. Viele hätten gerne etwas Zeit für sich allein, fühlen sich gleichzeitig aber auch einsam, weil sie lange nicht nach Hause gehen können. Die zwanzigjährigen Armeeangehörigen suchen Trost – auch beim Armeeseelsorger.

Ein offenes Ohr

Leutnant Kevin De-Carli ist der Armeeseelsorger der Sanitätskompanie 2, die zur Unterstützung des Gesundheitswesens im Tessin eingesetzt wurde: «Ich war Zugführer und Quartiermeister und weiss, wie schwierig es für Kader ist, mit den persönlichen und emotionalen Problemen von Soldaten umzugehen.» Aber die Armeeangehörigen müssen auf menschliche Unterstützung zählen können, insbesondere in dieser Situation der sozialen Distanzierung. Nicht nur Ausbildung, Ausrüstung und Verpflegung, sondern auch das psychische Gleichgewicht und die mentale Stärke der Soldatinnen und Soldaten tragen wesentlich zur Einsatzbereitschaft bei. «Man darf nicht vergessen, dass die einsatzbezogene Ausbildung in der Regel sehr technisch und wenig auf mentale Vorbereitung ausgerichtet ist. In meiner neuen Rolle als Armeeseelsorger fühle ich mich als wertvolles Ablassventil und kann der Truppe spirituelle und menschliche Unterstützung anbieten», so Armeeseelsorger De-Carli.

Dankbarkeit als Motivation

Mit solchen Einsätzen gewinnt das Thema Spiritualität wieder an Bedeutung. Zwei- bis dreimal pro Woche besucht Leutnant De-Carli die Unterkünfte und Krankenhäuser, manchmal in Begleitung des Truppenarztes. Dieser direkte Austausch ist Gold wert. «Ich erinnere die Soldaten daran, wie wertvoll ihre Arbeit ist, und übermittle ihnen die grosse Dankbarkeit der Bevölkerung, wovon ein Berg von Briefen, Postkarten und Zeichnungen für die Truppen im Dienst zeugt.» Die vielen positiven Rückmeldungen sind immens wichtig für die Truppenmoral. Armeeseelsorger De-Carli ist überzeugt, dass die Armeeangehörigen mental stärker nach Hause zurückkehren werden, als sie es bei ihrem Dienstantritt waren. Sie werden sich immer an diese Zeit erinnern und den Wert des Lebens besser kennen.

Quelle: Schweizer Armee

22.5.2020

Leutnant Kevin De-Carli

Leutnant Kevin De-Carli

Kevin De-Carli ist im Kanton Aargau aufgewachsen, stammt aber ursprünglich aus Locarno TI. Der Sohn eines katholischen Vaters und einer jüdischen Mutter entschied sich für das Studium der Theologie. Der 27-jährige Kevin De-Carli lebt im Kanton Freiburg und pendelt zwischen Zürich, wo er studiert, und Genf, wo er arbeitet. Er absolviert einen Masterabschluss, hat aber ein gymnasiales Lehrdiplom für Geschichte und Religion sowie einen Doktortitel in Religionsphilosophie. Als Fachexperte für Religion und Kultur arbeitet er als Berater für die UNO und verschiedene NGOs. Er organisiert Weiterbildungen und spezifische Einsätze im Ausland, auch im sensiblen internationalen Umfeld. In seiner Tätigkeit als Armeeseelsorger wurde er der San Kp 2 für den Coronaeinsatz zur Verstärkung des Tessiner Gesundheitswesen zugewiesen.

Bild: «Hier habe ich Literatur über die verschiedenen Religionen, die in der Kompanie vertreten sind, aber auch verschiedene rituelle Gegenstände, die den Soldaten zur Verfügung stehen, vorbereitet», sagt De-Carli stolz. Bild ZVG Schweizer Armee

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