Sir Frederick Henry Royce
Kleinigkeiten sind es, die Perfektion ausmachen, aber Perfektion ist alles andere als eine Kleinigkeit.
Sir Frederick Henry Royce
Seit der Einweihung vor 25 Jahren thront die beeindruckende halbkreisförmige Kaserne Bedrina über dem Südportal des St.-Gotthard-Autobahntunnels. Sie wird europaweit als modernes Stück Architektur gewürdigt und ist bestens in die alpine Umgebung eingebettet. Die Kaserne steht im Inventar der schützenswerten Bundesbauten. Sie ist das zweite Objekt in unserer Serie über historische Militärgebäude.
Die ersten Nutzer der damals neuen Kaserne Bedrina waren 1995 Rekruten der Gebirgsinfanterie, die an die Stelle der althergebrachten Festungstruppen getreten waren. 2006 dann kamen im Rahmen der Armeereform XXI die Sanitätsschulen (San S) 42 nach Airolo, die bereits seit 1973 anderswo im Tessin beheimatet waren. Die noch immer topmoderne mächtige Kaserne prägt das Areal oberhalb der Südportale des Gotthard-Eisenbahntunnels (1882 eröffnet) und des Autobahntunnels (1980). Sie wurde ins Register der schützenswerten Militärbauten von nationaler Bedeutung aufgenommen.
Charakteristisch für die Anlage ist ihre Halbkreisform. Der nach dem Talboden der Leventina offene Halbrundbau umschliesst den kreisrunden Kasernenplatz und bietet einen teilweisen Schutz vor dem beissenden Nordwind – dem Albtraum aller Soldaten, die sich hier mindestens zweimal am Tag zum Appell aufreihen müssen. Der Platz ist mit kreisförmig angelegten Pflastersteinen belegt.
Die Kaserne würde planungsgemäss genau zwei Kompanien mit je maximal 129 Armeeangehörigen aufnehmen können. Heute wird sie aber in der Regel von einer einzelnen Kompanie belegt, die aber fast doppelt so gross ist wie die Einheiten von früher. Insgesamt sind im Schnitt rund 600 Sanitätssoldaten auf dem Waffenplatz Airolo einquartiert. Ihre Schule und die Kompanien werden aus Platzmangel auf die Kaserne Bedrina, die alte Festung Airolo sowie die Festungsanlagen von Foppa und Motto Bartola verteilt. Alle Gebäude gelten als militärarchitektonische Schmuckstücke, sind sie doch Schutzobjekte von nationaler Bedeutung.
Zentrale und komplexe Struktur
«Die Kaserne Bedrina ist nicht nur architektonisch bedeutend, sie spielt auch eine zentrale Rolle für den ganzen Waffenplatz», bestätigt Oberst im Generalstab Daniele Meyerhofer, Kommandant der Sanitätsschulen 42. «Hier finden wir das Verpflegungszentrum, verschiedene Ausbildungsräume, Sportanlagen sowie Materiallager.»
Der auffällige Bau am Fuss des Gotthardmassivs wurde in einem Jahr geplant und in vier weiteren Jahren erstellt. «Wir haben 1991 grünes Licht für die Umsetzung des Projekts erhalten, nachdem wir den Architekturwettbewerb gewonnen hatten», erinnert sich ETH-Architekt Silvano Caccia, Teilhaber des Architekturbüros Muttoni-Caccia und verantwortlich für den Bau. «Da wir uns der besonderen Komplexität dieses Bauwerks bewusst waren, beschafften wir uns damals umgehend – und das wahrscheinlich als eine der Ersten im Tessin – ein computergestütztes Designprogramm.
Die Zeiten ändern sich, Airolo bleibt wichtig
Airolo war für die Schweizer Armee schon immer sehr wichtig – spätestens seit dem Abschluss des Dreibundes zwischen dem Königreich Italien, dem Deutschen Reich und der Habsburger Doppelmonarchie Ende des 19. Jahrhunderts. Zusätzliche Bedeutung gewann die Region für militärische Zwecke mit der Eröffnung des Gotthard-Eisenbahntunnels zur selben Zeit. Diese hätte massiv schnellere Truppenverschiebungen zwischen Deutschland und Italien erlaubt. Kein Wunder, konnten sich die Festungstruppen im Gotthard-Gebiet so lange behaupten.
Trotz der ständigen Veränderungen, denen das Gebiet unterliegt und die noch keineswegs abgeschlossen sind – man denke nur an die zweite Autobahnröhre durch den Gotthard –, schaut der zuständige Architekt durchaus stolz auf das mutige und mächtige Bauwerk oberhalb von Airolo, das er für die Armee realisieren durfte. Es ist gewissermassen zum neuen Wahrzeichen des St.-Gotthard-Massivs geworden.
Quelle: Schweizer Armee
29.10.2019
Die Kaserne Bedrina in Airolo
Die Kasernenanlage Bedrina oberhalb des Autobahntunnel-Südportals am Gotthard ist das Ergebnis eines Architekturwettbewerbs des damaligen Büros des Amtes für Bundesbauten. Sie wurde zwischen 1991 und 1995 gebaut. Die Architekten Fabio Muttoni und Silvano Caccia haben dem Bauwerk eine einzigartige Form gegeben. Es ist bestens in die alpine Umgebung eingepasst und bildet einen Halbkreis, der sich gegen den Talboden der Leventina öffnet. Den Halbkreis schliesst der runde Platz in der Mitte. Die Aussenfassade besteht aus Sichtbeton. Auffällig sind die rasterförmig angeordneten hohen und schmalen Schlitzfenster. Die Kaserne ist für die Verpflegung und die Unterbringung von 258 Personen konzipiert. Die Korridore folgen der Halbkreisform des Baus, der Es zudem grosse Freiflächen für die Essbereiche, die Ausbildung der Truppe sowie für die Pflege der persönlichen Ausrüstung aufweist. Die Kaserne besteht im Wesentlichen aus zwei identischen Trakten, die sich wie Spiegelbilder gegenüberstehen. Sie haben den Künstler Livio Bernasconi zu seinen Wandmalereien inspiriert, auf der einen Seite sind diese in Rot, auf der anderen in Blau gehalten. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 22,3 Millionen Franken, bezahlt vom Kanton Tessin und den Gemeinden in der Region. Das damalige Eidgenössische Militärdepartement beteiligte sich mit einem Beitrag von 540'000 Franken an den Baukosten (Quelle: Inventar der Schweizerischen Militärbauten HOBIM)