Personalführung in der Schweizer Armee: Uniform und Anzug mit Krawatte

Korpskommandant Philippe Rebord

Ich bin überzeugt davon, dass man alleine nichts erreicht.

Korpskommandant Philippe Rebord

Personalführung in der Schweizer Armee

Personalführung in der Schweizer Armee

Der eine trägt Uniform, der andere Anzug und Krawatte. Gemeinsam halten sie die personellen Geschicke von rund 9200 Vollzeitstellen bei der Schweizer Armee in den Händen. Der Korpskommandant und der Personalchef Verteidigung treffen sich alle zwei Wochen für ein bilaterales Gespräch.

Bild ZVG Schweizer Armee

Der eine arbeitet in Uniform, der andere trägt Anzug und Krawatte. Sie treffen sich alle 14 Tage zu einer bilateralen Absprache und wissen genau, dass sie sich stets auf die differenzierte Meinung des Gegenübers verlassen können. Gemeinsam halten sie die personellen Geschicke von rund 9200 Vollzeitstellen bei der Schweizer Armee in den Händen: Chef der Armee, Korpskommandant Philippe Rebord, und Personalchef Verteidigung, Daniel Gafner. Ein Gespräch über die Herausforderungen in der Führung von Personal, von einer ganzen Armee und darüber, was die Zukunft bringen wird.

Herr Korpskommandant Rebord, Herr Gafner, was ist das Schönste an Ihrem Beruf?

Philippe Rebord: Ich arbeite nun seit 35 Jahren als Berufsmilitär, und was mich damals wie heute motiviert, sind die Begegnungen mit den Leuten, die eine Bereicherung für mich darstellen. Es gibt natürlich immer Ausnahmen, aber ganz generell kann ich sagen, dass ich nie enttäuscht wurde. Auf unsere Mitarbeitenden ist einfach Verlass.

Daniel Gafner: Auch ich habe in den rund 15 Jahren als Personalchef Verteidigung die Zusammenarbeit mit den verschiedensten Mitarbeitenden und Personalkategorien sowie über all die Generationen hinweg immer als sehr konstruktiv wahrgenommen. Für mich ist der direkte Dialog entscheidend, dann also, wenn wir im Gespräch mit den Leuten Lösungen suchen. Die wechselnden Herausforderungen, mit denen wir konfrontiert sind, bescheren mir auch nach all diesen Jahren immer noch lehrreiche, interessante Tage. Kein Tag ist wie der andere, und das macht mir nach wie vor Spass.

Welches sind die grössten Herausforderungen, wenn es um die Führung von Menschen geht?

Philippe Rebord: Ich bin der Auffassung, dass man stets den Kontakt suchen muss, wenn man gut zusammenarbeiten möchte. Persönlich bin ich zudem ein Befürworter der Auftragstaktik. Es ist notwendig, dass ein Chef seine Absicht klar formuliert und dann den Mitarbeitenden die Handlungsfreiheit in der Umsetzung lässt. Meiner Erfahrung nach ist das absolut gewinnbringend und führt in der Regel zu ausserordentlich guten Lösungen. Ansonsten ist es natürlich herausfordernd, wenn gewisse Umstrukturierungen, Anpassungen im Organigramm durchzuführen sind. Wir sind aber stets bemüht, unsere Mitarbeitenden eng zu begleiten und gemeinsam vernünftige Lösungen zu finden.

Herr Korpskommandant, in Ihrer Funktion als Chef der Armee sind Sie Vorgesetzter von Tausenden von Menschen – von zivilem wie auch militärischem Berufspersonal. Welches sind die grössten Herausforderungen in der Führung unserer Armee?

Philippe Rebord: Die Sache ist eigentlich viel einfacher, als Sie jetzt wahrscheinlich denken. Ich habe sieben Direktunterstellte. Es ist nicht meine Sache, deren Organisationen zu führen, dafür haben die Direktunterstellten selbst genug Erfahrung und Talent. Trotzdem fühle ich mich schon auch im Gesamten für die Mitarbeitenden verantwortlich, das ist klar. Insbesondere, wenn es darum geht, tragbare Lösungen zu finden.

Gibt es denn einen merklichen Unterschied in der Führung von zivilem gegenüber militärischem Berufspersonal?

Philippe Rebord: Das klingt vielleicht etwas paradox, aber ich sehe keinen Unterschied. Wie bereits angesprochen, ist ein Grossteil der Führungsarbeit getan, sobald die Absicht des Chefs klar ist. Dann erledigt jeder seine Teilaufgabe, der Chef führt sein Controlling durch und verantwortet schliesslich das Resultat. Wenn ein klares Ziel gegeben ist, erfüllen wir unsere Aufträge. Was mich sehr beeindruckt, ist die Eigendisziplin unserer Leute. Wie eingangs erwähnt: Auf unsere Mitarbeitenden ist Verlass! Ich verhalte mich daher nicht anders gegenüber einem militärischen oder einem zivilen Mitarbeitenden. Und ich bin übrigens auch nicht heikel, man kann mich ruhig ansprechen! (lacht)

Herr Gafner, was viele Leute nicht wissen, ist, dass die Armee nicht nur uniformierte Personen beschäftigt, sondern dass gerade die zivilen Berufe den Grossteil der Arbeitsstellen bei der Armee ausmachen. Warum ist die Armee aus Ihrer Sicht eine attraktive Anbieterin von Stellen?

Daniel Gafner: Wir bieten generell einzigartige Stellen in rund 230 Berufsbildern! Das ergibt eine Vielzahl an interessanten Aufgaben, die wir zusammen mit zielgerichteten, grosszügigen Entwicklungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten anbieten. Zwei Drittel unseres Personals sind zivile Mitarbeitende. Unsere gegen 9200 Vollzeitstellen sind schweizweit auf rund hundert Standorte sowie auf unsere Sprach- und Randregionen verteilt. Wir sind also ein ernst zu nehmender nationaler Arbeitgeber mit guten Rahmenbedingungen. Dabei sollte nicht vergessen werden: Wir bieten auch 500 Lernenden in über 30 Berufen eine Ausbildungsstätte!

Wo haben wir Ihrer Ansicht nach noch Potenzial?

Daniel Gafner: Bei der Rekrutierung, Ausbildung und Förderung von Nachwuchskräften haben wir noch Nachholbedarf. Auch bei der Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen und der damit einhergehenden Anpassung an die gesellschaftliche Entwicklung muss sich die Armee weiterentwickeln. Da denke ich insbesondere an das militärische Berufskorps. Wir haben zwar Teilzeitmitarbeitende, das ist eine Tatsache, aber der Druck der gesellschaftlichen Entwicklung nimmt zu. Wenn wir nicht flexibler werden und mit der Zeit gehen, verlieren wir hier den Anschluss. Letztlich muss die Armee aber ihren Auftrag erfüllen können, das sind die Grenzen, die uns gesetzt sind. Wir müssen die Bedürfnisse der Mitarbeitenden, die gesellschaftliche Entwicklung sowie unseren Auftrag miteinander in Einklang bringen. Da gibt es meiner Meinung nach noch Luft nach oben.

Philippe Rebord: Ja, das denke ich auch, mehr Flexibilität ist äusserst wichtig. Aber die Herausforderungen gehen noch weiter. Im Moment sind circa 50% der zivilen Mitarbeitenden, die insbesondere in den betrieblichen Bereichen wie der LBA, der FUB, aber auch im ASTAB arbeiten, älter als 50 Jahre. Anders formuliert bedeutet das für uns einen Kampf um Personalressourcen: In den nächsten 10 bis15 Jahren müssen wir an die 50% der zivilen Mitarbeitenden ersetzen.

Da knüpft gleich meine nächste Frage an: Was erwartet uns in Zukunft respektive welche Herausforderungen werden in Zukunft auf die Armee als Anbieterin von Stellen zukommen?

Philippe Rebord: Was ich gerade erwähnt habe, ist die eine Herausforderung. Eine zweite sehe ich in der Digitalisierung der Gesellschaft. Sie passiert erstens sehr schnell, und zweitens wissen wir noch nicht genau, wo sie uns hinführt. Aber hier leisten wir bereits heute einen grossen Effort, die ältere Generation für die Informatik der Zukunft fit zu machen. Parallel dazu rekrutieren wir aber natürlich auch junge Spezialisten, die mit frischem Wind ihre Fähigkeiten in unsere Organisation einbringen. Sie sind fachlich enorm stark, ihr Hauptproblem ist vielleicht, wie man eine Krawatte richtig trägt. (lacht)

Wir brauchen Fähigkeiten und Leistungen!

Philippe Rebord

Das ist für mich aber überhaupt nicht relevant, denn wir brauchen Fähigkeiten und Leistungen! Wichtig ist, dass der Prozess der Digitalisierung eng begleitet wird und die Mitarbeitenden stets offen und klar informiert werden. Eine anspruchsvolle Aufgabe, denn sie verlangt viel Energie, und nicht selten treten Grauzonen auf. Zudem ist die Armee natürlich auch nicht ein autonomes Unternehmen, das über seine Personalstrukturen frei entscheiden kann. Wir sind immer abhängig von den Regelungen des Bundes. Daher müssen wir unsere Handlungsfreiheit so breit wie möglich nutzen – und da teile ich die Meinung des Personalchefs Verteidigung: Das geht nur mit mehr Flexibilität.

Daniel Gafner: Der generelle Kampf um Personalressourcen wird sich auf dem Schweizer Arbeitsmarkt weiter verstärken. Wir sind nicht die Einzigen, die an Überalterung leiden. Und allein all diese Stellen wieder neu zu besetzen, ist eine riesige Herausforderung. Das bedeutet für uns konkret, dass wir im Rahmen des Personalmarketings daran arbeiten müssen, unsere Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt zu verstärken, um als verlässlicher Arbeitgeber wahrgenommen zu werden.

Durch die Digitalisierung werden sich viele unserer Berufsbilder wandeln.

Daniel Gafner

Durch die Digitalisierung werden sich viele unserer Berufsbilder wandeln. Damit wir mit der Privatwirtschaft mithalten können, müssen die angepassten Berufsbilder zeitgerecht zur Verfügung stehen. Ein weiterer wichtiger Punkt aus meiner Sicht ist folgender: Wenn unsere gut 9000 Mitarbeitenden zufrieden sind mit ihrem Arbeitgeber, mit ihrem Arbeitsinhalt, mit der gelebten Kultur und dem Umgang miteinander, dann ist das meiner Meinung nach die beste Werbung für uns! Genau darum ist es so wichtig, dass wir zu unserem Personal schauen. Wir müssen den Leuten Sorge tragen und ihnen auf Augenhöhe begegnen.

Welche Botschaft möchten Sie potenziellen neuen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern überbringen?

Philippe Rebord: Ich habe mein Amt als CdA mit einem Motto begonnen, es ist ein Zitat vom französischen Schriftsteller Paul Valéry: "Le chef, c'est celui qui a besoin des autres." Ich bin überzeugt davon, dass man alleine nichts erreicht. Besonders in der Schweizer Armee ist eine Gesamtleistung gefragt. Das möchte ich potenziellen neuen Mitarbeitenden vermitteln – und vor allem noch das, was wir auch unseren neuen Mitarbeitenden anlässlich des Welcome-Events sagen: Willkommen!

Quelle: Schweizer Armee

4.9.2019

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