Pulverturm Zofingen: Wo sich Kultur, Geschichte und ein Hochzeitspaar bei einem Jahrhundertereignis die Hände reichen

Wenn der Präsident Marc Nyfeler vom Artillerie-Verein Zofingen und Oberturmwart Jürg Seiler, bewaffnet mit Kanonenrohren aus Karton, hurtigen Schrittes dem von einer Schäferhündin bewachten und festlich geschmückten Pulverturm zustreben, muss etwas Aussergewöhnliches bevorstehen.

Aussergewöhnlich war dieser Tag in der Tat. Allein das Datum «22.02.2022» ist einzigartig. Für die Ewigkeit. Es handelt sich hierbei nicht nur um ein kalendarisches Palindrom (von vorne nach hinten gleich wie von hinten nach vorne) sondern auch um ein Ambigramm (von oben nach unten gleich wie von unten nach oben). Dieses Datum wird in dieser Art als Zahlenkombination auf unserer Erde nie mehr stattfinden.

Das dürfte auch der Grund gewesen sein, weshalb sich das Brautpaar Simone und Thomas Stebler ausgerechnet an diesem Tag von Corinne Schär, der Leiterin vom Zofinger Zivilstandsamt, in der Turmstube des Pulverturms trauen liessen. Auch Corinne Schär schrieb an diesem Tag Geschichte, war es doch exakt ihre 111. Trauung, die sie als Zivilstandsbeamtin durchführte.

Reich an Geschichte ist auch eines der Zofinger Kulturgüter, der Pulverturm. Das dem Pulverturm vorgelagerte Sporentürmlein und der obere und untere mit Stadttoren versehene Torturm wurden im Laufe des 19. Jahrhunderts geschleift. Diese Türme waren wechselweise in den inneren und den äusseren Mauerring eingefügt. Unverändert erhalten geblieben ist einzig der Pulverturm. Gemäss einem alten Dokument, das vor einiger Zeit im Pulverturm gefunden wurde, besass der Pulverturm ursprünglich kein Dach. Der Turm war oben offen und mit einer gezackten Zinne versehen. Die Turmwache war damit schutzlos Wind und Wetter ausgeliefert.

Am 16. April 1948 wurde der Mietvertrag zwischen dem Stadtrat von Zofingen, als Vertreter der Ortsbürgergemeinde einerseits und dem Artillerie-Verein Zofingen anderseits, über die obersten beiden Räume des Pulverturms abgeschlossen. Seit diesem Tag ist der Artillerie-Verein Zofingen für die «innere» Pflege des Pulverturms, den Unterhalt der Turmstube und die Abwicklung von Festivitäten in dem altehrwürdigen Raum verantwortlich.

Kehren wir zurück aus der Vergangenheit in die Gegenwart. Nachdem die Stadt Zofingen beschlossen hatte, künftig die Turmstube Zofingen ebenfalls nebst anderen Objekten als geschichtsträchtigen Ort für Ziviltrauungen anzubieten, fand dort am 22.02.2022 die erste Trauung im Zofinger Pulverturm statt. Für Oberturmwart Jürg Seiler logistisch eine enorme Herausforderung, waren doch für den Apéro vom Brautpaar mehr als 120 Gäste geladen. Der Apéro fand draussen vor dem Pulverturm statt; das Hochzeitsessen im kleineren Rahmen in der Turmstube. Da die Hochzeits-Zeremonie inklusive Bewirtung der Gäste auch für den Oberturmwart eine Premiere darstellte, darf man ihm im Nachhinein gratulieren. Chapeau! Mit Charme, Witz und Gelassenheit erledigte er die Herausforderung, sowohl das Brautpaar wie auch die vielen Gäste professionell zu betreuen und durch diesen einmaligen Tag zu führen. Die notwendigen Getränke, Snacks und Mahlzeiten wurden von Cateringfirmen aus dem schmucken Städtchen Zofingen angeliefert.

Die Hochzeit in diesem geschichtsträchtigen Raum der Turmstube war wohl für alle Beteiligten ein spezieller, würdiger Moment. Als Präsident vom Artillerie-Verein Zofingen begrüsste Marc Nyfeler in einer kurzen Rede zuerst das Brautpaar wie auch die Anwesenden und wünschte Simone und Thomas Stebler alles Gute und viel Glück für ihren gemeinsamen Weg. Als besondere Aufmerksamkeit und Hochzeitsgeschenk überreichte er ihnen das goldene Ehrenabzeichen des Artillerie-Vereins Zofingen.

Danach schritt Corinne Schär als Zivilstandsbeamtin zur Tat. Mit einer Mischung aus Wortwitz und Ernsthaftigkeit, die niemals die Würde des Augenblicks vermissen liess und dennoch zeitgemäss wirkte, traute sie die Eheleute. Was einen älteren Gast zu folgender Bemerkung veranlasste: «Sollte ich noch einmal in meinem Leben heiraten, möchte ich ebenfalls auf eine solch sympathische Art und Weise getraut werden.» Ein besseres Kompliment kann man dem Zofinger Zivilstandsamt wohl kaum machen.

Fazit dieses einmaligen Tages: Welches Brautpaar auch immer sich in der Turmstube des Zofinger Pulverturms zivil trauen lässt, schreibt für sich persönlich Geschichte. Zwar nicht für die Ewigkeit, aber immerhin fürs Leben.

Quelle: Artillerie-Verein Zofingen / JB

4.4.2022

Weiterführender Link: Das Regionale Zivilstandsamt Zofingen bietet neue Lokale für Ziviltrauungen an

Weiterführender Link zum Artikel in den «Zofinger Nachrichten»: IM PULVERTURM WURDE DIE ERSTE TRAUUNG DURCHGEFÜHRT, ABER NICHT NUR DAS... Für alle ein einmaliger Tag

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