Marc Siegenthaler, Chef Ressourcen VBS, erklärt, wie die Schweizer Kampfjets finanziert werden

Ferdinand Foch

Flugzeuge sind interessante Spielzeuge, aber ohne militärischen Wert.

Ferdinand Foch (1851 - 1929), französischer Marschall im Ersten Weltkrieg

Marc Siegenthaler, Chef Ressourcen VBS

Marc Siegenthaler, Chef Ressourcen VBS

Bild ZVG Schweizer Armee

Um die neuen Kampfflugzeuge und ein System zur bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite (Bodluv) zu finanzieren, reicht ein moderater Anstieg des Armeebudgets bereits. Die vorgesehenen real 1,4 Prozent pro Jahr seien weniger als das durchschnittliche Wachstum des Bundes. Das sagt Marc Siegenthaler, Chef Ressourcen VBS, im Interview.

Herr Siegenthaler, 8 Milliarden Franken für neue Kampfjets und ein neues Bodluv grösserer Reichweite: Warum braucht es diese Beschaffung?

Marc Siegenthaler: Die Schweiz braucht neue Kampfflugzeuge und ein neues System zur bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite, um auch nach 2030 die Menschen in der Schweiz vor Bedrohungen aus der Luft zu schützen. Die heutigen Mittel sind in die Jahre gekommen, oder wir haben Lücken. Diese Lücken will der Bundesrat füllen. Uns allen ist klar: Kampfjets und ein System zur bodengestützten Luftverteidigung sind grosse Beschaffungen. Sie kosten Geld. Aber wenn man an den Schutz der Menschen denkt, so lohnt es sich.

Ohne diese Mittel ist die Schweiz Angriffen aus der Luft schutzlos ausgeliefert, kann bei internationalen Konferenzen nicht den nötigen Schutz gewähren und kann auch im Alltag den luftpolizeilichen Dienst nicht sicherstellen. Es geht also um eine ganz grundsätzliche Frage: Will die Schweiz eine Armee, die die Menschen schützt, die hier leben, wohnen und arbeiten?

Und wie soll die Schweiz diese 8 Milliarden finanzieren?

Der Bundesrat hat in seinen bisherigen Beschlüssen bereits über ein Finanzierungsmodell entschieden und dabei auch die anderen Teile der Armee nicht vergessen. Wir benötigen ja nicht nur die 8 Milliarden Franken für den Schutz des Luftraums, sondern es stehen auch dringende Beschaffungen für die übrigen Teile der Armee bevor. Wir sprechen hier von weiteren 7 Milliarden Franken. Das ergibt zusammen also Investitionen von 15 Milliarden Franken – über rund 10 Jahre verteilt und für eine Nutzungsdauer von voraussichtlich rund 30 Jahren.

Die Armee kann aus ihrem heutigen Budget jedes Jahr rund 1 Milliarde Franken für solche Investitionen zur Verfügung stellen. Das sind in 10 Jahren 10 Milliarden Franken. Um die übrigen 5 Milliarden zu erreichen, erhöht der Bundesrat die Mittel der Armee. Dabei genügt bereits ein moderater Anstieg. Es braucht einen jährlichen Zuwachs von real 1,4 Prozent, um in 10 Jahren die benötigten zusätzlichen 5 Milliarden Franken zu erreichen.

Haben dann andere Bereiche des Bundes das Nachsehen?

Nein. Dieses Finanzierungsmodell hat einen grossen Vorteil: Der Anstieg bei der Armee ist nach wie vor tiefer als das generelle Wachstum, mit dem für den gesamten Haushalt des Bundes gerechnet wird. Der Armee werden jährlich real 1,4 Prozent Anstieg zugesprochen. Der Vorteil unseres Finanzierungsmodells liegt also darin, dass sich auch die übrigen Aufgabenbereiche des Bundes angemessen entwickeln können. Denn die Finanzierung läuft über das ordentliche Armeebudget.

Grob gesagt: 8 Milliarden für die Luft und 7 Milliarden für den Boden. Bleibt es bei diesen Beträgen?

Für die neuen Kampfflugzeuge und das System zur bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite hat der Bundesrat bereits die Beschlüsse gefasst. Demnach soll das VBS diese Beschaffungen mit einem Finanzvolumen von maximal 8 Milliarden Franken planen. Bei den 7 Milliarden Franken für die Investitionen in anderen Bereichen der Armee ist darauf hinzuweisen, dass die Armee bereits massiv Prioritäten gesetzt hat.

Wie meinen Sie das?

Eigentlich bräuchte es Investitionen in der Grössenordnung von 10 Milliarden Franken, um im nächsten Jahrzehnt die Boden- und Führungssysteme vollständig zu ersetzen. Diese Systeme kommen an das Ende ihrer Nutzungsdauer. Es geht hier um Hauptsysteme der Armee, nämlich die Kampfpanzer Leopard, alle auf dem Schützenpanzer M-113 basierenden Spezialfahrzeuge der Genie und der Artillerie, die Aufklärungsfahrzeuge 93 und die gesamte Flotte der Radschützenpanzer Piranha. Zudem braucht es Investitionen in Lastwagen und weitere Spezialfahrzeuge und auch in Führungs- und Kommunikationssysteme.

Ursprünglich wollte der Bundesrat dem Parlament beide Beschaffungen in einem Planungsbeschluss vorlegen. Weshalb beantragt er nun einen Planungsbeschluss zu den Kampfflugzeugen für maximal 6 Milliarden Franken, während dem das neue System zur bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite für maximal 2 Milliarden Franken gemäss dem üblichen Verfahren beschafft werden soll.

Der Bundesrat hat diesen Entscheid in Abwägung der Stellungnahmen gefällt, die in der Vernehmlassung (Mai bis September 2018) abgegeben wurden, sowie angesichts der im Dezember 2018 überwiesenen BDP-Motion, die eine Abstimmung über die grundsätzliche Frage der Beschaffung neuer Kampfflugzeuge vor der Typenwahl verlangt.

In der Vernehmlassung wurden beide Beschaffungen mit sehr grosser Mehrheit unterstützt, nicht aber das Vorgehen. Gegen einen referendumsfähigen Planungsbeschluss mit den neuen Kampfflugzeugen und einem System zur bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite gab es bei den Parteien gewichtige Opposition.

Könnte man die Beschaffungskosten nicht günstiger halten, wenn der Bundesrat auf Offsets verzichten würde?

Offset-Geschäfte machen die Beschaffungen teurer. Um wie viel, ist allerdings umstritten. Der Industrieverband Swissmem schätzt die Mehrkosten auf höchstens 1 bis 5 Prozent. Demgegenüber steht der Nutzen: Offsets stärken die sicherheits- und rüstungspolitisch relevante Industriebasis der Schweiz und bringen generell schweizerischen Unternehmen zusätzliche Aufträge, ermöglichen den Zugang zu interessantem Know-how, erleichtern die Erschliessung neuer Märkte und erhalten damit Arbeitsplätze in der Schweiz.

Bei Rüstungsbeschaffungen verlangte der Bundesrat bisher von ausländischen Lieferanten, dass sie den Vertragswert durch die Vergabe von Aufträgen in der Schweiz zu 100 % kompensieren müssen. Konkret: 20 % direkten Offsets und 40 % indirekten Offsets im Bereich der sicherheitspolitisch relevanten Technologie- und Industriebasis und 40 % in Industriebereichen ausserhalb dieser Branche. Auf die letzte Vorgabe will der Bundesrat nun verzichten, da diese sicherheitspolitisch nicht zu begründen ist. Der Entscheid berücksichtigt zudem, dass Offsets Mehrkosten verursachen und dass es sich um ein grosses Finanzvolumen handelt, bei dem die Erfüllung von 100 % Offset schwierig sein könnte.

Quelle: Schweizer Armee

13.8.2019

Wie die Schweiz ihren Schutz vor Bedrohungen aus der Luft finanzieren will

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